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Austausch in klösterlicher Abgeschiedenheit

Retreat des Käte Hamburger Kollegs am 13./14. Juni 2024 im Kloster Frenswegen

Die wissenschaftliche Arbeit am Käte Hamburger Kolleg lebt von der Dynamik zwischen Freiräumen für eigenes Forschen und gemeinsamem Austausch. Um letzteren ging es beim jährlichen Retreat des Kollegs Mitte Juni, zu dem sich Fellows, Direktorium und wissenschaftliche Mitarbeitende ins schöne Kloster Frenswegen bei Nordhorn zurückgezogen hatten.

Die Teilnehmenden genossen die klösterliche Atmosphäre in Frenswegen. © KHK EViR

Den ersten von zwei Tagen voller intensiver Diskussionen eröffnete Benjamin Seebröker mit einer Vorstellung seines am Kolleg angesiedelten Habilitationsprojekts zu frühneuzeitlicher Herrschaft auf dem Land. Der Historiker erläuterte seinem interdisziplinären Publikum die von der Geschichtsforschung herausgearbeiteten (Ideal-)Typen von Grundherrschaft und Gutsherrschaft, um gleich hinterherzuschicken, dass dieses Bild einer Differenzierung bedürfe. In vergleichender Perspektive wird er dazu in verschiedenen Regionen des Alten Reiches die Herrschaftsdynamiken in Grundherrschaften untersuchen und dabei ein besonderes Augenmerk auf Gerichtsprozesse zwischen Grundherren und Untertanen legen.

Nach einem stärkenden Mittagessen ging es mit der Reading Session von Rechtshistoriker und EViR Fellow Ulrich Falk weiter. Anschaulich führte Falk in die komplexe Materie des sogenannten Zwangsvergleichs ein und präsentierte als einschlägige Quelle die „Begründung des Entwurfs einer Konkursordnung“ für das Deutsche Kaiserreich. Der Zwangsvergleich sei eine von sieben seit dem 16. Jahrhundert gefundenen juristischen Antworten auf die Frage, wie mit einem insolventen Unternehmen umzugehen sei. Diese Vielfalt werde noch dadurch verstärkt, dass die Modelle in der Praxis miteinander kombiniert werden könnten.

An die Präsentation schloss sich eine konzeptionelle Diskussion über den geplanten Quellenreader des Kollegs an. Zu diesem langfristigen Publikationsvorhaben können die Fellows kommentierte Quellen aus ihrer Forschung beitragen und daran die unterschiedlichen methodischen Herangehensweisen der verschiedenen Disziplinen an Phänomene von Rechtseinheit bzw. Rechtsvielfalt aufzeigen. Durch die Vielfalt der am Kolleg angesiedelten Forschungsprojekte wird das Quellenbuch das Thema in einer großen disziplinären, epochalen und regionalen Breite abbilden können.

Konzentrierte Diskussionen prägten die Arbeitssitzungen. © KHK EViR

Der zweite Tag des Retreats stand ganz im Zeichen des Münsteraner Glossars zu Einheit und Vielfalt im Recht, das in Kürze in vierter, erweiterter Auflage als EViR Working Paper vorliegen wird und am Ende der Kollegslaufzeit als Buch publiziert werden soll. Bis es so weit ist, gilt es noch grundsätzliche Fragen zu klären, etwa wie die bisherigen Lemmata – von A wie Appellation bis V wie Verkehrssitte – sinnvoll ergänzt und systematisiert werden sollen. Die Vielzahl an Vorschlägen für neue Beiträge, die die Fellows aus ihrer jeweiligen disziplinären Perspektive beisteuerten, zeigte jedenfalls, wie fruchtbar ein solches Vorhaben ist.

Neben den Arbeitssessions blieb während der zwei Tage ausreichend Zeit für gemeinsame Aktivitäten, nicht zuletzt für einen ausgedehnten Spaziergang durch die schöne Umgebung des Klosters Frenswegen bis hin zur niederländischen Grenze. Auch die abendlichen Gespräche in entspannter Atmosphäre trugen viel dazu bei, dass sich Fellows und Mitarbeitende noch besser kennenlernen und als Gruppe erfahren konnten.


Zitieren als:

Pieper, Lennart, Austausch in klösterlicher Abgeschiedenheit. Retreat des Käte Hamburger Kollegs am 13./14. Juni 2024 im Kloster Frenswegen, EViR Blog, 20.06.2024, https://www.evir.uni-muenster.blog/frenswegen2024.

Lizenz:

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